Per Brodal über das Lernen und die Plastizität des Gehirns

Trine Roald
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Per Brodal, professor in neuroanatomy on learning and the brain's plasticity

Per Brodal gehört zu den Dozenten, die wir für unsere Seminare für Physiotherapeuten und Ergotherapeuten gewinnen konnten. Er ist Professor für Neuroanatomie an der Universität von Oslo, wo er Vorlesungen für Medizin-, Psychologie- und Physiotherapiestudenten hält. Brodal ist auch als Autor mehrerer Bücher auf diesen Fachgebieten wie „The Central Nervous System“ bekannt.

Per Brodal, Professor in Neuroanatomie über das Lernen und die Plastizität des Gehirns.

Per Brodal, professor in neuroanatomy on learning and the brain's plasticity

Brodal erwähnt häufig die Verbindung zwischen der Struktur und der Funktion des zentralen Nervensystems und erklärt, was eigentlich passiert, wenn wir etwas erleben und Neues lernen. Die wichtigsten Erkenntnisse aus seinem Vortrag über das Lernen und die Plastizität des Gehirns in der physiotherapeutischen Praxis haben wir hier zusammengefasst.

Unser Gehirn ist dafür gemacht, sich zu verändern

Es ist keine neue Erkenntnis, dass Menschen lernen und sich anpassen können. Jüngste Forschungsergebnisse im Bereich der Neurologie haben gezeigt, dass das Gehirn sich in jedem Lebensalter immer wieder anpassen und verändern kann. Lernen führt zu Veränderungen der synaptischen Verbindungen. Bestimmte Synapsen werden hergestellt, andere verschwinden. Wenn man zum Beispiel Fahrradfahren lernt, entstehen neue Synapsen. Sobald man gelernt hat, wie man richtig fährt, verschwinden die nicht mehr benötigten Synapsen ebenso, wie die nicht mehr benötigten Stützräder.

Bei Menschen mit neurologischen Erkrankungen, die Bewegungsstörungen verursachen, haben die Synapsen einen falschen Pfad eingeschlagen. Training und Bewegungsförderung haben also eine besondere Bedeutung, und die Physiotherapie kann einen Beitrag dazu leisten. Physiotherapeuten sollen Veränderungen bewirken. In gewissem Sinne lernt man also von ihnen.

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Es muss dem Patienten wichtig sein

Wie gut wir lernen und wie sehr die Synapsen sich verändern können, hängt auch von den Rahmenbedingungen ab. Für Menschen mit Behinderungen kann Lernen eine Herausforderung darstellen. Sie verfügen im Bereich ihrer Behinderung über weniger Synapsen, mit denen sie arbeiten können. Ihre Konzentrationsfähigkeit ist entsprechend kürzer.

Beim Lernen ist es nicht nur wichtig, korrekte Informationen zu übermitteln. Für erfolgreiches Lernen muss der Patient aufmerksam und emotional beteiligt sein. Nur dann werden wichtige Neurotransmitter wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin freigegeben. Emotionen und Gefühle sagen etwas darüber aus, wie wichtig eine Sache ist. Deshalb sollte sich eine Aufgabe für den Patienten wichtig und relevant anfühlen. Wenn diese Bedingungen zur gleichen Zeit erfüllt sind, verändern die Synapsen sich leichter, und das Lernen fällt uns weniger schwer.
Per Brodal im Gespräch mit einem Physiotherapeuten über das Lernen und die Plastizität des Gehirns.

Per Brodal talking to a physiotherapist about learning and the brain's plasticity

„Sie können niemanden zum Lernen zwingen, aber Sie können ihm dabei helfen, selbst die Motivation dazu zu entwickeln.“

Heute wissen wir, dass wir am besten durch spezifische aufgabenbezogene Handlungen lernen, und dass viele Wiederholungen den besten Lerneffekt erzielen. Die Aufgaben müssen zu dem Patienten passen, der sie nicht nur verstehen, sondern sie auch sinnvoll und relevant finden muss. Nur dann kann das Gehirn die Information optimal verarbeiten und lernen.

Bewegung und Lernen sind Eins!

Es wurde herausgefunden, dass Tiere herumlaufen, während sie „nachdenken“. Wenn ein Tier einen Gegenstand untersuchen und verstehen will, dann umkreist es ihn. Die Menschen in der Steinzeit verhielten sich ebenso. Es ist eine Tatsache, dass das Gehen die Entstehung neuer Neuronen fördert. Studien haben gezeigt, dass körperliche Aktivität die Plastizität des Gehirns steigert - und unsere Fähigkeit uns zu erholen, zu lernen und Probleme zu lösen. Bewegung ist am effektivsten, wenn sie rhythmisch ist. Rhythmen sind vorhersehbar, und wie wir wissen, ist Sicherheit eine wichtige Voraussetzung für das Lernen.

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Vertrauen ist wichtig für die Rehabilitation

Weil Menschen zielorientierte Lebewesen sind, machen sie sich oft Sorgen. Das gilt auch für Rehabilitationsmaßnahmen: Wird das gewünschte Ziel am Ende auch erreicht werden? Wird es wehtun oder besonders schwierig sein? Stress und Lernen passen nicht gut zusammen, und Physiotherapeuten sollten immer versuchen, vor dem Training oder der Behandlung zunächst das Vertrauen ihres Patienten zu gewinnen. Berechenbarkeit und das Gefühl von Kontrolle wirken positiv auf das Schmerzempfinden. Es ist also von Vorteil, wenn Sie ihren Patienten darauf vorbereiten, wie die Behandlung ablaufen und was als nächstes geschehen wird.

Es ist auch wichtig, dass ihr Patient eine Wahl treffen kann. Wenn wir glauben, dass wir in der Lage sind, ein Ergebnis zu beeinflussen, fühlen wir uns wohler. Wenn wir nicht daran glauben, dass wir etwas erreichen können, kann auch die leichteste Aufgabe abschreckend wirken, und wir fühlen uns mutlos. Erst wenn Sie das Vertrauen Ihres Patienten gewonnen haben und der Patient gelernt hat, Stress zu bewältigen, kann er oder sie allmählich dazu angeregt werden, mit dem Lernen zu beginnen.

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Trine Roald
Trine Roald

Die Autorin war sieben Jahre als Marketingleiterin bei Made for Movement tätig, bevor sie sich zu neuen Abenteuern im eigenen Unternehmen aufmachte. Trine Roald verfügt über mehr als 20 Jahre internationale Erfahrung in verschiedenen Branchen. In ihrer Funktion bei Made for Movement hat sie sich leidenschaftlich dafür eingesetzt, anderen durch echte Beispiele, Geschichten und Fachwissen zu vermitteln, wie die Lebensqualität von Menschen mit schweren Behinderungen verbessert werden kann.

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