Nach dem Schlaganfall: Die Bedeutung der Physiotherapie in der Reha

Trine Roald
Trine Roald
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Woman walks in the Innowalk with supervision from her therapist

Erfahren Sie, wie Patienten nach einem Schlaganfall ihre Bewegungsfähigkeit wieder verbessern können. In dem folgenden Artikel teilt der leitende Physiotherapeut am NiB Köln Julian Breuer sein Wissen und seine Erfahrungen mit uns.

Das NiB Köln gehört zu den führenden ambulanten Rehabilitationszentren für Patienten mit Schlaganfällen, Rückenmarksverletzungen, Multiple Sklerose und anderen Erkrankungen in Deutschland. Von den etwa 700 Patienten, die dort jährlich behandelt werden, haben etwa 65 Prozent einen Schlaganfall erlitten.

Die Neurorehabiliation nach einem Schlaganfall unterteilt man in Deutschland in die Phasen A, B, C und D. Phase A beginnt schon auf der Intensivstation im Krankenhaus. Es folgt Phase B in stationärer Behandlung. Die Phasen C und D werden ambulant durchgeführt. Das heißt, dass die Patienten wieder daheim sind und an drei bis fünf Tagen pro Woche an einer ambulanten Maßnahme im Reha-Zentrum teilnehmen.

Am NiB Köln werden Reha-Maßnahmen der Phase D für Schlaganfallpatienten mit mäßigen bis schweren Bewegungsstörungen angeboten.

Wir haben Julian Breuer gebeten, uns zu erzählen,

  • wie sein typisches Reha-Programm für Schlaganfallpatienten aussieht
  • welche Maßnahmen es enthält
  • welches technische Equipment er einsetzt
  • wie der Fortschritt gemessen wird
  • was man als Schlaganfallpatient von der Rehabilitation erwarten kann.

Intensives Training nach dem Schlaganfall kann entscheidend sein

Wie gut sich Patienten nach einem Schlaganfall erholen, kann durch ein betreutes und richtig dosiertes Rehabilitationsprogramm maßgeblich beeinflusst werden. Die Genesung verläuft jedoch immer unterschiedlich, da kein Schlaganfall ist wie der andere. „Manche unserer Patienten können zwar allein gehen, haben aber Probleme mit der Feinmotorik und mit dem Sprechen. Andere können überhaupt nicht stehen oder gehen und sind auf einen Rollstuhl angewiesen“, erklärt Julian Breuer.  

Auch wenn das Leben nach dem Schlaganfall für viele Patienten zunächst scheinbar unüberwindbare Hindernisse mit sich bringt, können sie durch gezielte Reha-Maßnahmen viel von ihrer Unabhängigkeit zurückgewinnen. Damit die Impulse aus den ersten Reha-Phasen im Krankenhaus nicht wieder verpuffen, ist es wichtig, das betreute intensive Training auch nach der Entlassung  fortzusetzen. In der Abteilung für Neurorehabilitation am NiB in Köln sind zahlreiche Fachkräfte wie Ärzte, Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten beschäftigt.

Der leitende Physiotherapeut Julian Breuer ist extra dafür ausgebildet, die Beweglichkeit der Patienten zu verbessern, Schmerzen zu lindern, verlorene Fähigkeiten zurückzugewinnen und bleibende Schäden zu verhindern. Er ist kreativ bei der Planung seiner Trainings und immer auf der Suche nach immer neuen Lösungen und Motivationen für seine Patienten. Sein oberstes Ziel ist es, die Patienten zu einem aktiven Lebensstil zu ermutigen.

Ich versuche immer herauszufinden, was die Patienten vor dem Schlaganfall gern gemacht haben. Diese Aktivität versuche ich dann in die Therapie einzubinden. Zum Beispiel kann man mit einem Tennisspieler auch bei der Gehtherapie Tennis spielen, erklärt Breuer

Grundsätzlich wird jeder Patient zuerst ganz genau begutachtet und untersucht.

Am Anfang steht die individuelle Beurteilung des Patienten

Das multidisziplinäre Team im NiB diagnostiziert und therapiert Mobilitätseinschränkungen jeder Art, wie zum Beispiel

  • Muskelschwäche
  • Bewegungseinschränkungen
  • Ausdauerprobleme
  • Gehstörungen
  • Sturzrisiko und Sturzangst
  • Schmerzen
  • Lähmung oder eingeschränkte Bewegungsfähigkeit

Bei der Befundung werden auch Tests zur Beurteilung der Gehfähigkeit durchgeführt, wie zum Beispiel der „Timed Up and Go“-Test (TUG) und der  „6-Minute-Walk“-Test (6MWT). Im Anschluss entwickelt das Team für jeden Patienten einen persönlichen Therapieplan, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Nach einiger Zeit wird der Patient erneut beurteilt, um den Fortschritt zu messen und das Programm bei Bedarf anzupassen.

Einfache Transfers und sicheres Gehen sind Maßstab für den Erfolg

Schlaganfallpatienten entwickeln häufig einen „chronisch sitzenden Lebensstil“. Trainings- und Bewegungsprogramme reduzieren nicht nur das Risiko eines weiteren Schlaganfalls, sondern stärken außerdem die individuellen Lebenskompetenzen, erhalten oder verbessern die kognitiven Fähigkeiten und beugen Depressionen vor.

Die Fähigkeit zur Bewältigung einfacher Transfers und das sichere Gehen werden in Therapieplänen häufig als Zielsetzung genannt, denn sie ermöglichen mehr Selbstständigkeit im Alltag.

„Unser Ziel ist es, die Mobilität und das Gleichgewichtsgefühl zu verbessern, um das Gehen zu ermöglichen und das Sturzrisiko zu verringern. Weitere Aspekte sind die Kräftigung der Muskeln, die Verbesserung der Gelenkstabilität, der Gelenkbeweglichkeit und der Durchblutung. Das bedeutet nämlich weniger Schmerzen und mehr Lebensqualität“, erklärt Breuer.

Wie genau sieht der Therapieplan aus?

Der Anspruch auf Rehabilitation hängt davon ab, was die Krankenkasse bewilligt. Sie entscheidet darüber, wie viel Therapiezeit mit einem Reha-Experten an der Seite jedem Patienten zusteht. „Die meisten Patienten nehmen an drei bis fünf Tagen in der Woche am Reha-Programm teil.  Nach Ablauf von 15 Tagen entscheiden wir über eine mögliche Verlängerung. Für den typischen Schlaganfallpatienten dauert das Therapieprogramm etwa zwei Monate“, so Breuer. 

„Sehr schwer betroffene Patienten im Rollstuhl erhalten in der Regel drei Stunden Bewegungstherapie pro Tag. Die teilt sich auf in eine Stunde manuelle Physiotherapie und ein bis zwei Stunden Gehtherapie, wofür wir verschiedene Gehgeräte und robotische Gehtrainer einsetzen. Der restliche Tag wird für Gruppentrainings, Ergotherapie, Logopädie und Neuropsychologie genutzt.“ 

Das NiB Köln ist ein führender Anbieter für innovative Rehabilitationsmaßnahmen unter Einsatz neuester Technologien wie dem Lokomat und dem Innowalk Pro. Durch diese Technologien wird das Spektrum sicherer Behandlungsmöglichkeiten für Patienten und Mitarbeitende deutlich erweitert.

Apoplex-Patienten trainieren im Innowalk Pro

Der Innowalk Pro ermöglicht eine Mobilisierung des ganzen Körpers mit hoher Intensität. „Den Gehtrainer Innowalk Pro setzen wir normalerweise bei Patienten mit stark eingeschränkter Bewegungsfähigkeit ein, die nicht ohne fremde Hilfe stehen und gehen können. Aber auch bei Patienten mit spastischer Lähmung in den Armen und Problemen beim Gehen arbeiten wir zu Beginn mit dem Innowalk Pro.

Die Schlaganfallpatienten empfinden die Spastizität und den reduzierten Bewegungsumfang häufig als sehr belastend. Sie haben große Angst zu stürzen oder sich nur noch unter Schmerzen bewegen zu können. „Patienten im Rollstuhl können sich häufig nur sehr eingeschränkt bewegen. Sie sind froh, wenn sie nach und nach eine aufrechte Haltung einnehmen und ihr Gewicht selbst tragen können, ohne dabei Angst oder Schmerzen zu haben“, erzählt Julian Breuer.

Man walks in the Innowalk with supervision from his therapist.

„Eine Trainingseinheit im Innowalk Pro dauert zwischen 30 und 60 Minuten. Der Muskeltonus wird reguliert, die Patienten können sich entspannen und sind dann optimal auf die weitere Therapie vorbereitet“, so Breuer. 

„Wir können beobachten, dass das Stehen und Gehen nach einer Trainingseinheit im Innowalk Pro besser funktioniert. 

Außerdem mögen die Patienten das Training im Innowalk Pro. Sie sagen, dass es sich so normal anfühlt, fast wie in einem Crosstrainer. Sie spüren ihren Körper wieder, die Atemfrequenz wird höher, und sie können ihre Stimme wieder besser einsetzen. 

Erst letzte Woche hat ein Apoplex-Patient unser Rehazentrum im Internet gefunden und möchte jetzt an unserem Schlaganfallprogramm teilnehmen, 200 Kilometer von seinem Heimatort entfernt. Fünfmal in der Woche die Strecke zu uns zu fahren, sei für ihn kein Problem“, erzählt Breuer. Der Vorteil muss also eindeutig überwiegen.

Weitertrainieren nach der Reha

Auch nach der Reha lassen sich etwa 50 Prozent der Patienten das Physiotherapie-, Ergotherapie- und Fitness-Angebot im NiB weiter verschreiben.  Dreimal wöchentlich finden Gruppentrainings statt. 

„Meine persönliche Meinung ist, dass das intensive Training zuhause fortgesetzt werden sollte, weil nur so die erzielten Verbesserungen auch langfristig erhalten werden können“, sagt Julian Breuer.

Welche Leistungen man als Schlaganfallpatient in Anspruch nehmen kann, ist von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland hat man einen Anspruch auf Reha, wenn es eine positive Prognose gibt. Man kann sich selbst aussuchen, wo man die Reha machen möchte. Wer nach einem Schlaganfall unter chronischen Beschwerden leidet, kann alle vier Jahre eine Reha-Maßnahme beantragen. 

Unter diesem Link finden Sie eine Website mit vielen hilfreichen Informationen, wenn Sie selbst oder ein Angehöriger einen Schlaganfall erlitten haben: www.dsg-info.de    

Über das NiB Köln

Das Neurologische Interdisziplinäre Behandlungszentrum (NiB) in Köln wurde 1998 gegründet und wird von Jens Rodenberg und seiner Frau Dr. med. Anuschka Rodenberg geleitet. Das Zentrum behandelt etwa 700 Patienten pro Jahr und verfügt über ein großes Erfahrungsspektrum.

    • Team: Am NiB sind Ergotherapeuten, Physiotherapeuten und Ärzte beschäftigt.
    • Standort: Köln (Deutschland)
    • Expertenwissen: Das Zentrum ist spezialisiert auf Multiple Sklerose, Parkinson, Rückenmarksverletzungen, Zerebralparese und Schlaganfälle.

Das NiB Köln ist ein Made for Movement-Partnerzentrum. In Zusammenarbeit mit dem NiB Köln kann der Innowalk Pro zur Heimnutzung getestet und auch verschrieben werden.

Nach einem Schlaganfall Zuhause trainieren

Trine Roald
Trine Roald

Die Autorin war sieben Jahre als Marketingleiterin bei Made for Movement tätig, bevor sie sich zu neuen Abenteuern im eigenen Unternehmen aufmachte. Trine Roald verfügt über mehr als 20 Jahre internationale Erfahrung in verschiedenen Branchen. In ihrer Funktion bei Made for Movement hat sie sich leidenschaftlich dafür eingesetzt, anderen durch echte Beispiele, Geschichten und Fachwissen zu vermitteln, wie die Lebensqualität von Menschen mit schweren Behinderungen verbessert werden kann.

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