Ist eine frühe Mobilisation vorteilhaft für Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT)?

Rikke Damkjær Moen - Physiotherapeutin – Medical Manager
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Jonathan in seinem Innowalk

Eine neue Machbarkeitsstudie an der Sunnaas Rehaklinik in Norwegen weist darauf hin, dass Patienten mit SHT von neuen Rehabilitationstechnologien profitieren könnten.

Lange Krankenhausaufenthalte und Ruhigstellung können negative Folgen für das Muskel- und Skelettsystem, die Lunge, das Herz und das Verdauungssystem haben und orthostatische Funktionsstörungen verursachen. In den letzten Jahren wurden vermehrt Untersuchungen zur Mobilisation von Patienten in der frühen Rehabilitationsphase durchgeführt. Die Untersuchungen zeigen, dass bei Frühmobilisation die Krankenhausaufenthalte kürzer waren, Kontrakturen in Muskeln und Gelenken vermindert auftraten und eine allgemein bessere Funktionalität festgestellt werden konnte. Außerdem ging aus den Studien hervor, dass eine frühe Mobilisation die Bewusstseinsebene des Patienten positiv beeinflusst.

Fakten zum Schädel-Hirn-Trauma  

Ein Schädel-Hirn-Trauma ist eine ausgedehnte und komplexe neurologische Verletzung (häufig aus mehreren Traumata bestehend), die zu sensorischen, motorischen und kognitiven Beeinträchtigungen und Körperbehinderungen führt. Ein Schädel-Hirn-Trauma betrifft gewöhnlich große Teile des Körpers und kann lange Krankenhausaufenthalte erfordern.  
Die häufigste Ursache von Schädel-Hirn-Traumata sind Stürze, gefolgt von Verkehrsunfällen.
Die Glasgow-Koma-Skala (Glasgow Coma Score, GCS) ist ein 15-Punkte-Test, mit dem der Grad des Bewusstseins eines Patienten beurteilt werden kann. Er wird auch verwendet, um ein Trauma als leicht, mittelschwer oder schwer zu klassifizieren. Handelt es sich nur um ein leichtes Trauma (Gehirnerschütterung), reichen Ruhe und Medikamente gegen die Kopfschmerzen als Behandlung meist aus. Ein mittelschweres oder schweres Schädel-Hirn-Trauma muss dagegen auf der Intensivstation im Krankenhaus behandelt werden.

Statischer Stehtisch im Vergleich zum dynamischen Stehen

Bis vor kurzem kamen zur Mobilisation bei Schädel-Hirn-Traumata vor allem Drehschwenktische, Radfahren auf einem Bett-Ergometer und die manuelle Mobilisation durch Fachkräfte zum Einsatz. Inzwischen sind neue innovative Technologien auf dem Markt, die das dynamische Stehen auch für Patienten mit SHT ermöglichen.

Die Sunnaas Rehabilitationsklinik ist das größte medizinische Fachzentrum für physikalische Medizin und Rehabilitation in Norwegen. Die Klinik bietet multidisziplinäre Rehabilitationsmaßnahmen für Patienten mit komplizierten funktionellen Beeinträchtigungen durch Krankheiten oder Verletzungen.

Die Abteilung für Schädel-Hirn-Traumata ist seit 2014 an einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt mit Made for Movement beteiligt. Im Zentrum des Projekts stand der Innowalk Pro, ein robotischer Rehabilitationstrainer, der auch Patienten mit schweren körperlichen Behinderungen ermöglicht, zu stehen und sich zu bewegen. Das Gerät wurde bei Patienten mit Kopfverletzungen mit der folgenden Zielsetzung getestet:

  • Durchführung einer Machbarkeitsstudie zur Frühmobilisation von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma
  • Entwicklung eines Produkts für erwachsene Patienten

Das Projekt wurde von Innovation Norway unterstützt.

Weiterlesen: Wie der Innowalk Stefanie nach einem Schädel-Hirn-Trauma wieder auf die Beine geholfen hat.

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Ergebnisse des Projekts mit Sunnaas

Die Erfahrungen aus dem Projekt waren aus der Perspektive der klinischen Physiotherapie insgesamt sehr positiv. Mit dem Gerät konnten selbst schwer verletzte Patienten sicher mobilisiert werden.

In der frühen Phase der Mobilisation findet die Therapie überwiegend im Zimmer statt, da die Patienten sehr schutzbedürftig sind. Die Größe des Innowalk Pro ließ es zu, das Gerät ins Zimmer zu bringen und die Patienten dort zu mobilisieren.

Folgendes wurde bei den Patienten beobachtet:

  • Die Patienten zeigten positive Reaktionen, während sie ihre Beine im Gerät bewegten. Viele Patienten lächelten.
  • Aufgeregte Patienten wurden beim „aktiven Stehen“ im Innowalk Pro ruhiger als in der statischen Stehhilfe.
  • Patienten mit eingeschränktem Bewusstsein wurden während des „aktiven Stehens“ im Innowalk Pro wacher. Sie blieben wach und öffneten die Augen für längere Zeit.
Es erinnert mich an das Training früher im Crosstrainer. Ich kann meinen Körper besser spüren, er fühlt sich lebendiger an, wenn ich im Innowalk Pro stehe.“
- Patient im Innowalk Pro

Das Gerät bereicherte das rehabilitationstherapeutische Angebot in der Abteilung.  Positiv hervorgehoben wurde insbesondere das hohe Maß an Aktivität, das der Innowalk Pro im Vergleich zum traditionellen statischen Stehen ermöglicht. Es wurden im Projektverlauf keine negativen oder nachteiligen Ereignisse berichtet.

Mehrere Patienten, die das Gerät in der Reha genutzt hatten, konnten schon vor ihrer Entlassung aus der Klinik wieder allein gehen. Einige Patienten, die ihre Gehfähigkeit nicht zurückerlangt haben und das Training mit dem Innowalk Pro zuhause fortsetzen wollten, wurden bei der Beantragung eines Geräts für den Heimgebrauch unterstützt.

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Produktentwicklung und künftige Forschungsarbeiten

Die Zusammenarbeit mit dem Sunnaas Hospital hat sich weiter vertieft und zu einem optimierten Produkt geführt, das den Bedürfnissen erwachsener Patienten noch besser gerecht wird. Dieses neue Produkt ist jetzt auf dem Markt erhältlich. Eine neue Studie, die gerade im Sunnaas Hospital begonnen hat, untersucht die physischen und physiologischen Reaktionen von Patienten mit Hirnverletzungen auf die Mobilisierung in der subakuten Phase unter Verwendung einer klassischen Stehhilfe und des Innowalk Pro. Die Studie ist in ClinicalTrial.gov registriert. Ausführliche Informationen dazu finden Sie hier.

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Quellen

  • Berg, J., Tagliaferri, F., & Servadei, F. (2005). Cost of trauma in Europe. Eur J Neurol, 12 Suppl 1, 85-90. doi:10.1111/j.1468-1331.2005.01200.x
  • Elliott, L., & Walker, L. (2005). Rehabilitation interventions for vegetative and minimally conscious patients. Neuropsychol Rehabil, 15(3-4), 480-493. doi:10.1080/09602010443000506
  • Teasdale, G., Maas, A., Lecky, F., Manley, G., Stocchetti, N., & Murray, G. (2014). The Glasgow Coma Scale at 40 years: standing the test of time. Lancet Neurol, 13(8), 844-854. doi:10.1016/s1474-4422(14)70120-6
  • Alhed Piene Wesche (2015). Early mobilisation of adult patients with acquired head injury using “Innowalk Pro”. Master thesis. Master in health sciences, physiotherapy science, University of Bergen. http://bora.uib.no/bitstream/handle/1956/11981/135614930.pdf?sequence=1

Erstveröffentlichung: 22. Mai 2019, 9:00 Uhr

Rikke Damkjær Moen - Physiotherapeutin – Medical Manager
Rikke Damkjær Moen - Physiotherapeutin – Medical Manager

Rikke Damkjær Moen bereichert das Made for Movement Team mit vielen Jahren Erfahrung als klinische Physiotherapeutin. Es ist ihre Mission, dafür zu sorgen, dass auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität die Möglichkeit erhalten, Freude und Gesundheit durch körperliche Aktivität zu erfahren. Als Medical Manager gibt Rikke Damkjær Moen ihr Wissen über die Lösungen von Made vor Movement gern weiter, damit Menschen mit besonderen Bedürfnissen, ihre Familien und Behandler die Möglichkeiten kennenlernen.

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