Statisches Stehen oder dynamisches Stehen trainieren - Was ist effektiver?

Trine Roald
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Die Schwedin Katarina Lauruschkus ist Physiotherapeutin und hat an der Universität Lund promoviert. Jetzt arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität und als Beraterin für das örtliche Kinder-Rehabilitationszentrum. Vor kurzem hat sie ihre Pilotstudie mit dem Titel „Unterschiedlicher Trainingseffekt des statischen und des dynamischen Stehens bei nicht gehfähigen Kindern und Jugendlichen mit Zerebralparese“ abgeschlossen. Die Studie wurde im Mai und im Juli 2018 auf zwei internationalen Konferenzen vorgestellt.

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Die Physiotherapeutin interessiert sich besonders für das Thema körperliche Aktivität für junge Menschen mit Behinderungen. Bei der Vorstellung ihrer Pilotstudie in diesem Sommer hatten wir Gelegenheit, mit Katarina Lauruschkus zu sprechen.

Sie haben eine Pilotstudie durchgeführt, in der Sie den Trainingseffekt von statischer stehender Haltung und dynamischer stehender Haltung verglichen haben. Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen?

Nicht gehfähige Kinder sollen 45 bis 90 Minuten täglich in statischer Haltung aufrecht stehen, so wird es jedenfalls empfohlen. Mich hat interessiert, ob man mit dieser Art von Training tatsächlich die besten Erfolge erzielt, oder ob es einen Unterschied macht, ob die Kinder statisch oder dynamisch stehen. Dann müsste man die Empfehlungen überdenken. Außerdem wollte ich herausfinden, was den Kindern besser gefällt.

Das statische Stehen ist also derzeit die Norm?

Ja, es ist in der westlichen Welt sehr verbreitet und wird auch auf internationaler Ebene als Training empfohlen. Aber viele Menschen möchten sich dynamisch bewegen, so wie Menschen ohne Behinderung es können.

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Können Sie uns etwas zum Ablauf der Studie erzählen?

Wir haben die Kinder zuerst 30 Minuten in statischer aufrechter Haltung stehen lassen. Einige Tage ließen wir sie 30 Minuten im Innowalk stehen, das ist eine dynamische Stehhilfe. Dabei haben wir jeweils vor, während und nach dem Test den Puls, den Blutdruck, die Atmungsaktivität, die Körpertemperatur und die Muskelspannung gemessen. Außerdem haben die Kinder eine Sauerstoffmaske getragen, damit wir den Energieverbrauch ermitteln konnten.

Was für Kinder haben an der Studie teilgenommen?

An der Studie haben nicht gehfähige Kinder mit Zerebralparesen (CP) und den GMFCS-Stufen IV und V teilgenommen. Es waren insgesamt 8 Kinder im Alter von 4 bis 11 Jahren.

Was hat die Studie ergeben?

Zunächst einmal hat sie ergeben, dass eine solche Studie überhaupt machbar ist, dass die Messungen funktionierten und die Kinder mit dem Training zurechtkamen. Es waren außerdem Unterschiede zu beobachten: In der dynamischen stehenden Position atmeten die Kinder tiefer und hatten außerdem wärmere Füße. Die Ergebnisse wiesen zudem darauf hin, dass Stehtraining tatsächlich körperliches Training ist - nur eben auf einem niedrigeren Niveau. Die Messungen ergaben einen höheren  Stoffwechselumsatz mit MET-Werten von über 1,5. Das sind ziemlich neue Erkenntnisse, die in einer anderen Studie zu spastischen Zerebralparesen bestätigt wurden.

Lassen sich aus einer Pilotstudie überhaupt schon Schlussfolgerungen ziehen?

Man muss etwas vorsichtig mit Schlussfolgerungen sein. Was man sagen kann ist, dass eine solche Studie machbar ist und dass man eine größer angelegte Studie durchführen kann, um die gewonnenen Erkenntnisse zu bestätigen. Man kann sich auch überlegen, welche Fragen man weiter untersuchen möchte, ob man sich eher auf gesicherte Hypothesen konzentriert oder sich von Aspekten entfernt, die keine guten Ergebnisse gebracht haben. In unserem Beispiel war das die Blutdruckmessung, von der sich die Kinder ziemlich gestört fühlten und die wir am Ende auch nicht durchführen konnten. Bei der größeren Studie, die ich gerade plane, werde ich die Blutdruckmessung weglassen.

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Wie waren die Reaktionen auf Ihre Studie?

Viele Physiotherapeuten waren äußerst interessiert, vor allem aus Ländern, in denen der Innowalk überhaupt nicht bekannt ist. Einige konnten meine Studie auf ihre eigene Arbeit mit Kindern übertragen und fanden die Idee spannend, eigene Untersuchungen mit dem Innowalk durchzuführen. Mehrere Ärzte begrüßten, dass es neue Zahlen und Ergebnisse zu dem Thema gibt. Schließlich habe ich noch mit mehreren Eltern gesprochen, die wissen wollten, wie viel ein Kind im Innowalk trainieren sollte. Vor allem wurde die Studie sehr positiv und mit großem Interesse aufgenommen.

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Trine Roald
Trine Roald

Die Autorin war sieben Jahre als Marketingleiterin bei Made for Movement tätig, bevor sie sich zu neuen Abenteuern im eigenen Unternehmen aufmachte. Trine Roald verfügt über mehr als 20 Jahre internationale Erfahrung in verschiedenen Branchen. In ihrer Funktion bei Made for Movement hat sie sich leidenschaftlich dafür eingesetzt, anderen durch echte Beispiele, Geschichten und Fachwissen zu vermitteln, wie die Lebensqualität von Menschen mit schweren Behinderungen verbessert werden kann.

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