[Video] „Ich bin doch keine Memme!“

Trine Roald
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Hobbies und eigene Interessen zu haben wie alle anderen, das war für Johannes schon immer extrem wichtig. Als seine Freunde als Teenager mit dem Bodybuilding anfingen, wollte Johannes sich von seiner Zerebralparese nicht davon abhalten lassen.

Johannes ist ein extrovertierter und humorvoller Zwangzigjähriger. Er hat Zerebralparese mit GMFCS IV. Außerdem hat er ein großes soziales Netzwerk, und für seine Freunde ist er einfach Johannes. „Sie haben mich nie als den Jungen im Rollstuhl behandelt. Es ist ganz selbstverständlich, dass ich immer dabei bin, wenn sie etwas unternehmen. Ich bin echt dankbar, dass sie so unkompliziert sind.“

Mit 18 bat Johannes seinen Physiotherapeuten, ihn körperlich etwas mehr zu fordern. Seine Klassenkameraden hatten in der Schule Sport. Johannes wollte mitmachen und nicht immer nur allein bei der Physiotherapie trainieren. Er kannte weder seinen Körper noch seine Grenzen, aber er war bereit, es mit seiner Krankheit aufzunehmen und seine Komfortzone zu verlassen.

 

Nach dem ersten wirklich harten Training stellte ich fest, dass ich meinen Körper gar nicht kannte!
- Johannes.

 

Zusammen mit seinem Physiotherapeuten und seinem Trainerassistenten Paal stellte er ein Krafttraining zusammen. Das Ziel war, die großen Muskelgruppen zu trainieren und zu kräftigen und je nachdem, wie sein Körper reagierte, das Gewicht nach und nach zu steigern.

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„Nach dem ersten wirklich harten Training stellte ich fest, dass ich meinen Körper gar nicht kannte“, lacht Johannes. Mit viel Durchhaltevermögen waren jedoch bald Verbesserungen zu verzeichnen, und das verlieh ihm einen unglaublichen Motivationsschub.

Und dann kam der Moment im Pool, als Johannes‘ Füße das erste Mal sein Gewicht trugen. Von einer halben Kniebeuge im Pool ist er jetzt bei 200 Kniebeugen unter seinem eigenen Gewicht und mit 45 Kilo auf der Bank.

Der robotische Bewegungstrainer Innowalk, der ein Training in stehender Haltung ermöglicht, war eine wichtige Unterstützung für Johannes‘ Trainingsprogramm. Nach einem harten Krafttraining hilft der Innowalk ihm, die gespannte Muskulatur zu lockern. Johannes kann sich darin besser entspannen und schneller erholen.

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Dank des Trainings konnte Johannes nicht nur den Transfer vom Rollstuhl ins Bett und auf die Toilette nun selbst bewältigen, sondern ging im Alter von 19 Jahren seine ersten Schritte am Parallelbarren.

„Als nächstes will ich mit Krücken gehen, und ich weiß, dass es möglich ist. Ich muss mir einfach nur die Zeit nehmen, die es eben dauert“, erklärt Johannes.

Vor kurzem war Johannes das erste Mal eine Nacht allein zuhause. „Das war ein unglaubliches Gefühl von Freiheit, aber nicht nur für mich. Ich weiß, dass meine Mutter sehr gerührt war, als sie gesehen hat, dass es tatsächlich klappt. Dass sie jetzt auch mal allein was unternehmen kann, statt sich immer nur um mich zu kümmern.“

Johannes hat durch diese Erfahrung viel an Reife gewonnen. Paal sagt außerdem, dass er viel mehr Selbstbewusstsein hat. „Wir haben viel voneinander gelernt. Ich habe Johannes oft an seine Grenzen gebracht, aber es war auch wichtig für ihn, seine Grenzen kennenzulernen. Es ist ganz hilfreich, dass er so eine Art MacGyver ist, mit viel Durchhaltevermögen und reichlich Improvisationstalent“, sagt Paal stolz und lächelt.

Am stolzesten aber ist zweifellos Johannes selbst. „Unabhängigkeit ist der Schlüssel zu einem erfüllten Leben. Einfach mal allein sein zu können mit meinen Gedanken und mein ganz persönliches Selbst zu fördern, ist für mich von unschätzbarem Wert. Ich glaube, dass Menschen ohne Behinderung das manchmal vergessen, weil es für sie selbstverständlich ist, Zeit für sich allein zu haben.

Schauen Sie sich den Film über Johannes an und lassen Sie sich von seiner Entschlossenheit und seinem Willen inspirieren, seinen Körper auch außerhalb seiner Komfortzone zu erleben.

Hier sind ein paar Tipps von Johannes und Paal, die andere ermutigen sollen, 
den Anfang zu wagen


1) Sprich mit einem Physiotherapeuten über deinen Plan und finde einen Assistenten oder Betreuer für dein Team.

2) Kommuniziere offen, respektvoll und kontinuierlich mit deinem Team darüber, welches Training für dich im Augenblick gut ist und was für ein Training du dir in ein paar Monaten vorstellen kannst.

3) Fang ganz langsam an, lerne deinen Körper kennen und finde heraus, wie er auf die Übungen reagiert.

4) Hör auf deinen Körper und passe das Training an die Tagesform, an Schmerzen usw. an. Bist Du nur müde und gelangweilt, oder braucht dein Körper tatsächlich Ruhe? Das ist ein großer Unterschied!

5) Eine wichtige Lektion aus dem Krafttraining ist, dass der Schmerz vorübergeht. Die letzten Wiederholungen sind die effizientesten (und schmerzhaftesten).

6) Hab Humor. Wenn man das Training zu ernst nimmt, verliert man schnell die Motivation. Das Training soll Spaß machen!

7) Hab Geduld. Krafttraining ist extrem motivierend. Auf dem Weg zu deinem Ziel wird es immer wieder kleine Erfolge geben.

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Trine Roald
Trine Roald

Die Autorin war sieben Jahre als Marketingleiterin bei Made for Movement tätig, bevor sie sich zu neuen Abenteuern im eigenen Unternehmen aufmachte. Trine Roald verfügt über mehr als 20 Jahre internationale Erfahrung in verschiedenen Branchen. In ihrer Funktion bei Made for Movement hat sie sich leidenschaftlich dafür eingesetzt, anderen durch echte Beispiele, Geschichten und Fachwissen zu vermitteln, wie die Lebensqualität von Menschen mit schweren Behinderungen verbessert werden kann.

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