Interview mit Katarina Lauruschkus: Körperliche Aktivität für alle!

Rikke Damkjær Moen - Physiotherapeutin – Medical Manager
Rikke Damkjær Moen - Physiotherapeutin – Medical Manager
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Körperlich aktiv zu sein ist für alle Menschen wichtig - auch für Kinder mit Behinderungen. Dabei geht es nicht nur um gesundheitliche Aspekte wie Mobilität und Funktionalität. Körperliche Aktivität bedeutet auch Erfolgserlebnisse und die Möglichkeit, neue Freundschaften zu schließen.

Wir haben mit der Aktivitäts-Expertin Katarina Lauruschkus gesprochen. Sie hat einen Doktorgrad in Disability Research und weiß, wie wichtig körperliche Aktivität auch für Menschen mit Bewegungseinschränkungen ist.

In Norwegen und Schweden hält sie Vorträge für Studierende zum Thema „Körperliche Aktivität für alle!“.

Bei ihrem Studium in Disability Studies an der Universität Lund drehte sich alles um die Rehabilitation und Physiotherapie in einer Einrichtung für Kinder und Jugendliche im südschwedischen Skåne.

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Wir haben ihr einige Fragen gestellt:

Im Gespräch mit Katarina Lauruschkus

Welche Möglichkeiten gibt es für Kinder mit Bewegungseinschränkungen, körperlich aktiv zu werden?
Kinder mit Bewegungseinschränkungen wissen oft nicht, was sie können oder welche Aktivitäten zu ihnen passen würden. Deshalb ist es besonders wichtig, dass man ihnen zeigt, welche Optionen sie haben. Dann können sie selbst entscheiden. Die meisten Kinder wollen aktiv sein. Aber manche wissen nicht, wie sie das anfangen sollen. Manchmal haben sie auch einfach nicht genug Energie, weil ihr Alltag schon anstrengend genug ist. Gerade deshalb ist es wichtig, ihnen verschiedene Möglichkeiten anzubieten und ihnen dabei zu helfen herauszufinden, was ihnen Freude macht.“  

Was ist so wichtig an körperlicher Aktivität?
Körperlich aktiv zu sein bringt wesentliche Vorteile mit sich. Die Kinder werden fitter und trainieren das Herz-Kreislauf-System. Herz, Lunge und Blutzuckerwerte werden positiv beeinflusst. Auch die psychologische Wirkung ist positiv, da verschiedene Bereiche des Gehirns aktiviert werden. Körperliche Aktivität hilft bei Depressionen (allerdings nicht bei schweren Depressionen). Es ist wichtig für Kinder, Bewegung zu erleben - auch wenn sie nicht ohne fremde Hilfe gehen oder stehen können.“

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Mit welcher Intensität können Kinder mit Behinderungen trainieren? Ist eher leichtes Training gut für sie, oder ist auch ein Training mit mäßiger bis hoher Intensität möglich?
Internationalen Empfehlungen zufolge sollen Kinder 60 Minuten täglich moderaten bis intensiven Aktivitäten nachgehen. Sie profitieren aber auch deutlich von Aktivitäten mit geringer Intensität. Damit sind auch alltägliche Aktivitäten gemeint. Die im Sitzen verbrachte Zeit sollte möglichst reduziert werden. Selbst Stehen kann schon einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit leisten. Die empfohlen Stehdauer beträgt 60 bis 90 Minuten täglich."

Wie wirkt sich körperliche Aktivität auf die kognitiven Fähigkeiten aus?
Zu diesem Thema gibt es aktuell laufend neue Forschungsergebnisse. Inzwischen glauben wir, dass die kognitive Wirkung körperlicher Aktivität stärker ist als bisher angenommen. Körperliche Aktivität steigert die Gedächtnisleistung und ist hilfreich in Lernsituationen. Bewegung hilft Kindern also, bessere schulische Leistungen zu erbringen. Wenn man körperlich aktiv ist, fühlt man sich besser, man hat mehr Energie und fühlt sich einfach wacher.“

Wie profitieren Kinder körperlich von Bewegung?
Körperliche Aktivität verbessert die Koordination, die Körperkontrolle und die Kondition. Die Muskeln werden trainiert und die Atmung wird tiefer. Das ist gut, denn so kann mehr Sauerstoff aufgenommen werden. Der Gesundheitszustand verbessert sich, die Kinder sind seltener krank. Die Lebensqualität nimmt durch körperliche Aktivität zu.“

Welche körperlichen Aktivitäten sind für Kinder mit Bewegungseinschränkungen möglich (besonders für Kinder mit dem Funktionsgrad GMFCS III, IV und V)?
Das hängt in gewissem Maße davon ab, wo man lebt. In den Großstädten ist das Angebot sicher größer. Aber die üblichen Aktivitäten wie Reiten oder Schwimmen findet man an den meisten Orten. Und es sollte auch daran gedacht werden, Routineaktivitäten zuhause im Stehen durchzuführen. Spontane Aktivitäten wie auf den Spielplatz gehen, Radfahren oder aktive Transfers können überall durchgeführt werden und sind bei allen Kindern beliebt.“

Auch ganz normale Alltagsaktivitäten lassen sich mit etwas Kreativität so abwandeln, dass ein Spiel daraus wird.

Wie wichtig ist, es, dass die Kinder sich ihre Aktivitäten selbst aussuchen können?
Das ist sehr wichtig für ihre Motivation. Kinder wollen Wahlmöglichkeiten haben. Und sie wollen sagen, was sie mögen und was nicht. Für Eltern und Betreuer ist es wichtig, zu hinterfragen, warum ein Kind eine Aktivität gegenüber einer anderen vorzieht. Wenn ein Kind das Gefühl hat, die Kontrolle zu haben, dann wird es einer bevorzugten Aktivität auch weiterhin gern nachgehen und seine Lebensqualität verbessern.“

Hier Katarina Lauruschkus' Empfehlungen zum Thema körperliche Aktivität:

Wieviel körperliche Aktivität wird für Kinder mit Bewegungseinschränkungen empfohlen?

  • Kinder und junge Erwachsene (im Alter zwischen 5 und 17 Jahren) sollten über den Tag verteilt mindestens 60 Minuten körperlich aktiv sein.
  • Dabei sollte die Intensität hoch bis moderat sein, abhängig vom Grad der CP. Für Kinder mit dem Funktionsgrad GMFCS III-V wird auch leichte Aktivität empfohlen.
  • Die im Sitzen verbrachte Zeit sollte reduziert und die körperliche Aktivität durch ein Training mit geringer Intensität gesteigert werden.

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Rikke Damkjær Moen - Physiotherapeutin – Medical Manager
Rikke Damkjær Moen - Physiotherapeutin – Medical Manager

Rikke Damkjær Moen bereichert das Made for Movement Team mit vielen Jahren Erfahrung als klinische Physiotherapeutin. Es ist ihre Mission, dafür zu sorgen, dass auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität die Möglichkeit erhalten, Freude und Gesundheit durch körperliche Aktivität zu erfahren. Als Medical Manager gibt Rikke Damkjær Moen ihr Wissen über die Lösungen von Made vor Movement gern weiter, damit Menschen mit besonderen Bedürfnissen, ihre Familien und Behandler die Möglichkeiten kennenlernen.

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